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Post-West

Unter dem Stichwort Post-West startet das Impulse Festival eine neue Programmlinie, die auch in den kommenden Jahren fortgesetzt wird.

„Der Westen“ als politisches Deutungs- und Ordnungsprinzip, das mit bestimmten Werten wie Demokratie, individueller Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, aber auch mit Kapitalismus und Dominanz verbunden wird, ist nicht erst seit gestern in der Krise. Spätestens seit dem Wegfall seines Gegenparts, „dem Osten“, erodiert sein „wertegeleiteter“ Herrschaftsanspruch und macht Platz für eine multipolare Weltordnung, in der alte Allianzen zunehmend in Frage stehen.

Heute, 35 Jahre nach dem Ende „des Ostens“, schreibt auch der westliche Mainstream über das Ende „des Westens“.  Mit dem diesjährigen innerdeutschen Austausch reflektieren wir gemeinsam mit künstlerischen und diskursiven Stimmen über Facetten einer post-westlichen Gesellschaft– im Westen der Bundesrepublik. Wir markieren „den Osten“ dabei nicht als „das Andere“, sondern setzen uns mit den parallelen Transformationsprozessen in Ost und West auseinander.

Post-West präsentiert Gastspiele und Austauschprojekte, die mit ihren jeweiligen Ost-West-Erfahrungen umgehen und die teilweise in ostdeutschen Partnerinstitutionen der Freien Szene entstanden sind. Hier kommen Themen und partizipative Praktiken zur Sprache, die – seit den 1980er-Jahren aus einer dissidentischen DDR-Subkultur kommend – 1989 und 1990 eine kurze Blüte hatten („Runder Tisch“, „Ohne Frauen ist kein Staat zu machen“, DDR-Umweltbibliotheken) und sich dann dem westdeutschen Mainstream untergeordnet haben.

Die Gruppe hannsjana nimmt uns mit auf eine archäologische Ausgrabungsreise ost- und westdeutsch geprägter Feminismen. Les dramaturx reflektieren mit ihrer Arbeit „Bitter Fields“ die Klimakrise, das Erstarken rechter Bewegungen und ungeahnte eigene Verstrickungen darin. Die Leipziger Gruppe fachbetrieb rita grechen radelt die alte Handelsstraße Via Regia von Görlitz nach Köln entlang für ein entschleunigtes Deutschlandportrait zwischen Ost und West. Sie wird von den Künstler*innen der Gruppe MFK Bochum in Köln am umkämpften Gremberger Wäldchen empfangen, das dem Ausbau der A4 weichen soll. Hier stellen sich alte und neue Fragen nach Infrastrukturen, Mobilität und Umweltschutz. In einer mehrtägigen Installation rund ums Zuhören vergegenwärtigen Anna Zett, Joshua Wicke u. v. a. selbstorganisierte Praktiken der (Vor-)Wendezeit, während die Ost-West-AG praktischen Aktivismus aus Ost- und Westdeutschland in mehreren urbanen Interventionen verbindet.

Wir laden Sie und Euch herzlich ein, mit den Künstler*innen durch diese Themenfelder zu streifen, um vielleicht neue Einblicke, Verbindungen und Perspektivwechsel zu gewinnen.